Ein seltsames Geräusch erklingt auf dem Busdach. Es klingt wie Regen, nur aggressiver. Draußen fällt gefrorener Regen und Schnee. Guten Morgen, Südfrankreich. Winter habe ich allerdings nicht mehr bestellt. Einzig und alleine die Möglichkeit auf ein Geier-Foto lässt mich aus dem warmen Schlafsack krabbeln. Das Foto bleibt aus. Stattdessen frieren mir einzelne Körperteile ab.

Wir verweilen noch etwas an der Grotte, bevor wir zur Maison des Vautours fahren. Eine Station, die sich ganz auf die hier lebenden Geier spezialisiert hat. Sie lockt mit einem Museum über zwei Etagen, einer Filmvorfürhung und einer Terrasse zum Beobachten.

Im Museum lerne ich direkt ganz schön viel: Es gibt über 800 Brutpaare der Gänsegeier, ca. 200 Brutpaare Mönchsgeier, 3 Paare Schmutzgeier und genau 1 Brutpaar Bartgeier. Zwischenzeitlich wurden es immer weniger Geier, bis hier die Initiative zur Wiederansiedlung begann. Seitdem wächst der Bestand wieder. Es gibt feste Futterplätze für die Geier. Bauern können ihr totes Vieh dorthin abgegeben. So profitieren alle davon.


Die Geier können wochenlang ohne Essen auskommen. Sie haben ein drittes Augenlid, was vor Kälte schützt. Langstreckenflieger und Kurzstreckenflieger. Jede Geierart isst etwas anderes vom Kadaver – sogar die Knochen sind Mahlzeit. Der Film ist lustig gemacht und auf der Terrasse stehen Ferngläser und Mitarbeiter bereit, sodass man auch garantiert einen Geier entdecken kann. Meistens sitzen sie reglos in der Felswand und tarnen sich sehr gut. Einen Besuch des Geierhauses kann ich sehr empfehlen.

Doch heute blieb der Tag des Geiers. Wir fuhren noch bis zum Parkplatz eines kleinen Ortes, von dem einige Wanderwege starteten. Auf zunächst breiten Wegen und dann immer schmaler werdend, ging es durch Nadelwald. Irgendwann kamen wir bei kleinen Aussichtspunkten an, die einen spektakulären Blick in die Schlucht boten.


Schwindelfreiheit war hier das oberste Gebot. Auf den schmalen Wegen ging es linker Hand steil in die Tiefe. Auch beim offiziellen Aussichtspunkt mussten wir uns der Kante fern halten. Unter uns lagen 200-300 Meter Abgrund. Nichts für schwache Nerven. Selbst mir, eigentlich schwindelfrei, wurde etwas mulmig. Allerdings war ich schnell wieder abgelenkt.




Die Geier zogen ihre Kreise und es waren viele. Sie landeten unterhalb des Aussichtspunktes. Manchmal waren wir Auge in Augen mit den Geiern. Sie kamen teilweise so nah, dass mein langes Objektiv gar keine Notwendigkeit hatte. Wie mächtig diese Vögel sind! Lautlos und elegant und einfach riesig. Es galt also die Vögel im Blick zu behalten, einen festen Stand zu bewahren und gleichzeitig ein möglichst gutes Fotos zu schießen. Keine leichte Aufgabe. Vor allem, da das Wetter nicht recht mitspielte.
„Unter Geiern“! Was für ein tolles Erlebnis!
VG
Christa
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Das war wirklich was ganz besonderes! Einfach toll. 🙂
VG Ines
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