Am nächsten Morgen lagen die Wolken erneut tief. Wir brachen von unserem Campingplatz auf und machten uns auf den Weg zu unserem hier eigentlichen Ziel: Der Buchenwald. Der Wald erstreckt sich auf einer riesigen Fläche von über 90.000 Hektar. 2017 wurde der Buchenwald von Krokar als Unesco Weltnaturerbe anerkannt. Es führt durch dieses geschützte Gebiet nur ein einziger 7,5 km langer Wanderweg.
In diesem riesigen, so natürlichen Gebieten, leben Wölfe, Luchse, Braunbären (und davon wirklich nicht wenige), außerdem Steinadler, Fledermausarten und Spechte. Welcher Ort hätte für uns besser geeignet sein können? Am Tag zuvor hatten wir uns darüber erkundigt, wie man einem Braunbären am besten begegnen sollte. Wie auch schon vorher gewusst, gab es hier die gleichen Verhaltensregeln: Auf den Wegen bleiben, nicht wegrennen, nicht zwischen Bärchen und Bärenmama stellen. Im Grunde war das alles. Klang ziemlich einleuchtend und ziemlich einfach.
Wir starteten im Ort und liefen von dort aus los. Die Luftfeuchtigkeit lag bei gefühlten 90%. Es war beinah wie im Hallenbad, nur nicht so warm. Eigentlich war es sogar ziemlich kalt. Wir betraten den Wald und bewegten uns möglichst geräuschvoll vorwärts. Nur damit die Bären uns hörten und wir nicht als Beutetiere durchgingen.


Ich lauschte auf jedes kleinste Knacken, jedes Geräusch aus dem Unterholz. Hier war wenig Ausweichmöglichkeit, falls wir wirklich auf den Bären treffen sollten. Erst mit der Zeit wurde ich etwas ruhiger und konnte die Schönheit dieses Pfades genießen. In manchen schlammigen Abschnitten sah es beinahe so aus, als wäre hier ein Bär vorbeigekommen. Das waren aber nur Mutmaßungen. Außerdem führten die Spuren in die entgegengesetzte Richtung. Falls der Bär also noch auf dem Pfad unterwegs gewesen wäre, wären wir ihm schon begegnet.
Oben auf dem Kamm des Waldweges und auch am Hang verfing sich dann der Nebel. Es wurde immer märchenhafter. Wenn man sich einen Ort ausmalen sollte, an dem man einem Wolf oder Bär begegnen könnte, dann sehe dieser Ort wohl genau so aus. Es wirkte wie im Bilderbuch. Und wir genossen. Wir genossen den ganzen Weg über.
Auf der Hälfte der Strecke verzogen sich die Nebelschwaden und dichten Wolken so schnell, wie sie gekommen waren. Ein wenig hatten wir noch Glück, doch die letzten 30 Minuten des Weges bekamen wir es dann volles Brett ab: Es begann zu regnen. Zunächst von den Buchen geschützt relativ trocken, dann auf freier Fläche komplett durchweicht. Es war wie im Hallenbad, nur nicht so warm.
Bären sahen wir übrigens keine. Einen Bär hier in den Wäldern zu begegnen ist äußert unwahrscheinlich: Sie sind scheue Zeitgenossen. Sobald sie einen Menschen riechen oder hören, verschwinden sie. Vielleicht ist das ein schlauer Instinkt. Ich konnte mich den ganzen Weg über nicht entscheiden, ob ich nun froh war keinen getroffen zu haben oder ob ich lieber einen gesehen hätte. Im sicheren und trockenen Auto war es dann allerdings klar: Es hätte diesem Märchen das Sahnehäubchen verliehen.
Das ist ein herrlicher Bericht und mir gefällt deine Schlussfolgerung sehr gut!
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Danke dir 🙂
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