Untergänge [VW Bus T4]

Die Freiheit, in einem Van unterwegs zu sein, scheint mir meistens unbegrenzt. Wenn man sitzen, liegen, lesen, kochen, spielen will, steigt man einfach ein. Einzig und allein die Stellplatzsuche ist in Deutschland leider manchmal etwas schwierig. Viele sind da ja schmerzfrei, wenn man die ganzen Wohnmobile und Busse auf den Parkplätzen sieht. Für mich ist das immer Aufregung und Abenteuer. Denn auf einem gewöhnlichen Parkplatz finde ich es meist nicht schön genug. Ich will viel lieber Natur, keine Menschen und trotzdem gerade stehen.

Nachdem wir unsere Stempeljagd heute beendet hatten, ging es auf Platzsuche. Erst einmal nur, um einen guten Spot zum Sonnenuntergang schauen zu finden. Wir landeten auf dem Butterberg bei Sangershausen. Den ganzen Tag und auch jetzt, hatten wir schon einen Blick auf die Halde. Zu Beginn fand ich den aufgeschütteten, kahlen Berg noch witzig, aber schon bald wurde er auch irgendwie sehr hässlich. So trocken und kahl, wie er da empor stach. Viel besser war der Blick auf die anderen Seiten des Butterbergs.

Das Wort Untergang beinhaltet ja meist nie etwas schönes. Untergang steht für Aussterben eines Adelsgeschlechts, Schiffsunglücke, und das Verschwinden eines astronomischen Objekts aus dem Sichtfeld eines Beobachters. Aber es gibt einen Untergang, der ganz schön viel Schönheit zeigt: Der Sonnenuntergang.

Vom Butterberg aus, unter den Kiefern und auf dem sandigen Boden, konnte man den Untergang besonders schön betrachten. Es fühlte sich fast wie am Meer an. Nur ohne Wasser. Dafür aber mit genau so vielen orangenen, gelben und roten Farbtönen. Der Himmel brannte, die Sonne malte Gemälde.

Während es draußen kühler und dunkler wurde, verzog ich mich in den Bus und somit in den gemütlichen Schlafsack. Aber erst einmal schaute ich zu wie der Mond dick und rund auf der gegenüberliegenden Seite auf ging und die Sterne zu glitzern begannen. Denn der Untergang der Sonne bedeutet auch immer gleichzeitig ein Aufgang des Mondes und seiner Gefährten.

Die Nacht war in den ersten Stunden sehr unruhig. Ein paar Leute kamen mit ihren Autos vorbei, unterhielten sich laut, fuhren nah an unseren Bus heran. Ich schrak ständig hoch. Doch irgendwann wurde es ruhig auf dem Butterberg und schon bald schlief ich fest, nur um pünktlich kurz vor dem Sonnenaufgang wieder aufzuwachen.

Der Nebel und Tau legte sich über Hügel und Wiesen. Langsam färbte sich der Himmel von schwarz zu grau zu rosa. Die Luft war unglaublich frisch, die Vögel trällerten mir ein Guten-Morgen-Lied und ich zog mir die eiskalten Klamotten an, um aus dem Bus zu klettern.

Die Halde, die ich am Vortag noch als so hässlich abgestempelt hatte, bot mir nun ein sehr nettes Fotomotiv. Während ich hinter unserem Bus die Zähne putzte – endlich wieder an den verrücktesten Orten die Zähne schrubben – sah ich doch wirklich im Busch neben mir die kleinen Sommergoldhähnchen hüpfen. Dieses Mal war es nicht alleine. Es war ein kleiner Goldhähnchenschwarm und der Sonnenaufgang war vergessen.

Ich weiß nicht, wie das Gefühl am besten zu beschreiben wäre, wenn man abends in den Schlafsack klettert und morgens auf einer Wiese die Schönheit genießt. Das Gefühl, wenn man abends aus der Heckklappe des Busses den Sternhimmel beobachten kann und morgens sieht, wie die kleinen Vögel von Ast zu Ast hüpfen. Das Gefühl, wenn man nur drei Meter bis nach Hause braucht. Denn Zuhause ist da, wo du parkst. Zuhause ist da, wo Ernie ist.

11 replies to “Untergänge [VW Bus T4]

  1. Das fanden wir einen feinen Bericht. Wir haben eine deutsche Freundin, die besitzt den gleichen Bus. Auch sie schwärmt von den Ausflügen mit ihrem Bus.
    Danke fürs Teilen 🙏🙏
    Alles Gute. Frohe Ostern 🐣
    The Fab Four of Cley
    🙂 🙂 🙂 🙂

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      1. Liebe Ines,
        unsere Freunde waren mit ihrem VW Bus in Skandinavien und den baltischen Ländern und fahren sonst in Brandenburg damit herum. Unser liebes Masterchen ist einst mit einem Bus durch Marokko bis nach Niger und Chad gefahren. Aber lang, lang ist’s her.
        Liebe Grüße
        The Fab Four of Cley
        🙂 🙂 🙂 🙂

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      2. In Schweden waren wir mit dem Bus im letzten Jahr. Sonst düsen wir damit immer durch die Gegend, wann immer es geht – wenn es kurze Trips sind, dann Richtung Harz. Wir haben unseren „Ernie“ aber auch erst seit Mai 2020. Größere und längere Reisen sind in Planung, sobald sich die Lage für’s Reisen wieder etwas verbessert 🙂
        Ganz liebe Grüße!

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      3. Liebe Ines,
        Dina ist Norwegerin und unser Masterchen ist in Schweden aufgewachsen. Aus dem Grund lieben wir Skandinavien und unsere beiden Buchfeen Siri 🙂 und 🙂 Selma lieben die Trolle. Dann noch gaaaaanz viel Glück und Freude mit eurer Ernie wünschen euch
        The Fab Four of Cley
        🙂 🙂 🙂 🙂
        Wir fuhren vor zwei Jahren die MC500 in Schottland und zu Orkneys. Besonders schön ist es, über Glencoe zu den Outer Hebredies zu fahren, über die Inseln Harris und Lewis nach nach Norden, dann wieder aufs Festland gen Nordküste Schottlands. Wir fande das wunderschön. Allerdings fuhren wir mit unserem Volvo. Wir haben seit einigen Jahren keinen Bus mehr.
        Keep well, happy and healthy
        The Fab Four of Cley
        🙂 🙂 🙂 🙂

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      4. Vielen Dank für den Tipp! Unser Schottland-Urlaub mit dem Bus steht seit letzten Jahr an. Leider mussten wir ihn schon zwei Mal verschieben, da die Corona Lage es nicht zulässt aktuell mit der Fähre zu fahren. Wollen wir auch gar nicht, so lange sich das nicht beruhigt. Aber wir können es kaum abwarten, bis wir wieder „richtig“ reisen dürfen 🙂
        Aktuell steht die Fähre für Mai, aber wir sind uns eigentlich sicher, dass wir die noch einmal verschieben müssen.

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      5. Hier könnt ihr vor dieser Post und nachher unseren Bericht von der NC 500-Fahrt lesen und Bilder sehen
        https://fabfourblog.com/2017/08/03/scotlands-nc500/
        Dass wir mit dem gemieteten Bus gefahren sind, war dichterische Freiheit. Wir trafen auf den Orkneys ein Treffen von VW Bus Fans.
        Wir wollen schon seit einem Jahr nach Deutschland fahren und haben die Fähre bereits dreimal verschoben. Jetzt haben wir einen Termin Anfang September.

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