So ganz sicher sind sich die Österreicher nicht. Im Tannheimer Tal wird mal dieser, mal jener Berg als der höchste verkündet. Googlen bringt da auch nichts. Für die Jungs war eh schon seit dem ersten Tag klar, dass sie jeden Berg mitnehmen wollten. Sie standen unten im Tal und schauten sich im Kreis um. Auf jede hohe, herausragende Spitze wurde gezeigt. „Da will ich hoch!“ Um zum Gaishorn zu gelangen, muss man einiges an Zeit und ziemlich viel Kondition mitbringen.

Es führen ja bekanntlich mehrere Wege nach Rom. Wir wählten den, der am Vilsalpsee begann. Eigentlich waren wir uns einig, nur eine kurze Tour zu machen, da es ab Mittag gewittern sollte. Außerdem hätten es mir meine Schienbeine und Knie sicher gedankt. Zum Vilsalpsee kann man zwischen 10 Uhr und 17 Uhr nicht vor fahren. Heißt: Der Weg ist gesperrt und man hat schon eine Strecke zu laufen. Aber wir waren ja zum Glück früh dran. Auto abstellen und erst einmal auf das Naturjuwel schauen. Ich entschleunigte schon automatisch – alleine durch den Blick auf den See.

Auch der Weg am See entlang gefiel mir sehr gut. Nach 20 Minuten Fußweg kehrten wir erst einmal für ein kühles Getränk ein und machten uns danach auf dem Weg an den wirklichen Anstieg. Ich stand ziemlich entsetzt und ratlos vor dem Schild. Vier Stunden Aufstieg. Bis Mittag schafften wir es ganz sicher nicht wieder hinunter. Der Weg begann sehr nett. Zwei Mal kreuzten wir einen ziemlich breiten Fluss. Wenig später kam die Kuhweide – ohne die wäre es ja auch kein richtiger Berg. Ich merkte nach 30 Minuten, wie mein Gesicht begann immer heißer zu werden. Meine Beine waren beim Aufstieg noch voll okay. Meine Kondition war komplett im Keller.

Nach den vier Stunden waren wir endlich auf 2.247 m. Ich hatte mich die letzten 30 Minuten des Aufstieges nur noch gequält. Alle paar Meter musste ich anhalten und was trinken. Mein Körper hatte längst aufgegeben. Ich sollte öfter auf ihn hören und mich nicht so viel belabern lassen. Oben angekommen erwartete uns ein spektakulärer Ausblick. Und vor allem eine Pausenmöglichkeit.

Wir trafen hier oben tatsächlich die zwei Männer wieder, die wir am Tag vorher schon auf dem Gipfel und somit am Ende des Klettersteiges getroffen hatten. Die Überraschung war groß. Den Ausblick konnte ich übrigens nur wenig genießen. Ich war froh, dass ich sitzen konnte und snackte schnell meinen Riegel. Wir behielten ständig das Wetter im Blick, denn es türmten sich so langsam die Wolken auf.

Es wurde immer dunkler. Bei Gewitter wollte ich auf keinen Fall in oder auf den Bergen sein. Wir begannen zeitnah unseren Abstieg. Eigentlich hatten wir vor einen anderen Weg wieder hinunter zu nehmen. Schon bei der Abzweigung vom Gipfel entschied ich mich dagegen: Vor uns lag ein Eisfeld und kein erkennbarer Weg. Ich hatte mir heute schon zu viel zugemutet. Der Aufstieg war hart, hatte ich gedacht, aber dieser war nichts gegen den Abstieg. Ich geriet ständig ins Rutschen, meine Schienbeine stachen und meine Knie zwiebelten bei jedem Schritt. Ich weiß schon, warum man sich mit frühzeitigen Training auf die Bergtouren vorbereiten sollte. Immerhin kamen wir unten an der Almhütte pünktlich mit dem Regen an. In den Nachbartälern grummelte es hin und wieder. Vom Gewitter blieben wir zum Glück verschont.
Der Ausblick ist natürlich tief beeindruckend.
Aber sag mal jemandem, der sich eher in der Ebene bewegt 🙂 : Könnten Dich die Jungs denn da wieder runter tragen, wenn es körperlich gar nicht mehr ginge? Ich meine, es braucht doch auch Vertrauen in den eigenen Körper, und da hörte es sich nach dem Aufstieg nicht sooo optimistisch an.
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Ich habe eigentlich in meinen Körper ziemlich viel Vertrauen und weiß, wann meine Grenze erreicht ist. Hier bin ich etwas über’s Ziel hinaus geschossen und habe nicht auf die Frühwarnzeichen am Morgen gehört. Stattdessen wurde ich belabert und hab mich hochgeschleppt 😉 Letztendlich war am nächsten Tag alles wieder okay, aber spaßig war’s in dem Moment eher weniger. Nächstes Mal hör ich besser auf mich 🙂
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