Es ist Samstagmorgen. Draußen scheint die Sonne. Sehen kann ich das aber noch nicht. Du drückst zum vierten Mal die Schlummertaste deines Weckers, während ich schon seit 20 Minuten wach und beeindruckt davon bin, dass du jedes Mal wieder einschlafen kannst. Deine Augen sind immer noch geschlossen, du drehst dich zu mir um, ziehst mich in deine Arme und gibst mir einen Kuss auf die Stirn. Keine Gefühlsduselei! Komm mir nicht zu nahe, denke ich mir, während meine Finger schon wieder deine Locken auf kräuseln.
Es ist Samstagmorgen. Draußen scheint die Sonne. Wir führen ein angespanntes Gespräch am Frühstückstisch. Über Gott und die Welt. Jedes Mal frage ich mich, wieso ich mit dir nicht normal reden kann sobald wir uns gegenübersitzen. Ich beobachte die Sonnenstrahlen, die langsam ins Fenster wandern und esse dabei den Käsekuchen, den du extra für mich vom Bäcker geholt hast. Fernhalten, Ines! All das ist ein Trugbild, denke ich mir, während ich dich anlächle und dir beim Abwasch helfe.
Es ist nicht mehr Samstagmorgen. Tage sind vergangen. Wir wissen beide nicht, was der andere seitdem erlebt und gemacht hat. Manchmal fällt dein Name in der Arbeit und erst dann fällt mir auf, dass der Abschied Samstagmorgen wohl einer war, der länger hält. Bei allen anderen stand ein Verfallsdatum drauf. Du hast dich immer irgendwann gemeldet. Dieses Mal nicht. Hätte ich das gewusst, hätte ich mich vielleicht noch einmal zu dir umgedreht. Ich hätte dir nicht dieses freche Grinsen geschenkt, was ich sonst immer beim Gehen aufsetze, sondern eins, was meine Gefühle zeigt. Du hast es doch geahnt und schon einmal vorgebeugt, denke ich mir, während ich mich wundre, dass du so lange nichts von dir hören lässt.
Es ist nicht mehr Samstagmorgen. Ich sehe dich trotzdem noch in der Schlafzimmertür stehen. Wie du mich beobachtest, während ich mir den neuen Mantel anziehe. Du gibst ein paar nette Kommentare dazu ab, bist mit den Gedanken aber schon viel weiter. Dieses Bild werde ich nicht mehr los. Das Bild des Samstagmorgens, der vielleicht einer der letzten war. Du wusstest genau wie es kommen wird. Die Distanz hast du eigens wieder aufgebaut, vielleicht bist du selber dran Schuld, denke ich mir, während ich auch nach Tagen noch auf eine Nachricht von dir warte.