Bei Schneefall das Fenster zu öffnen, ist wie in ein akustisches Vakuum hineinzuhören. Es wird einfach still. Dabei passt das wilde Toben des Schnees mit dieser unfassbaren Stille einfach nicht zusammen. Wenn etwas wild und ungestüm ist, müsste es doch eigentlich laut sein. Aber manchmal sind die wildesten Dinge, die leisesten.
Heute ist die perfekte Zeit, um sich in diese Stille fallen zu lassen. Raus zu schauen, die Flocken beim Tanzen zu beobachten und die Stille auf die Ohren wirken zu lassen. Nur an solchen Tagen bin ich bereit dafür endlich die Fotos vom letzten Jahr zu ordnen, denn ich weiß, irgendwo zwischen all diesen Glücksmomenten hat sich auch ein Bild von dir versteckt. Während ich in den Erinnerungen von Reisen und Feiern versinke, denke ich nicht einmal daran. Ganz plötzlich taucht es auf. Ich schiebe eins der Bilder zu Seite und da stehen wir. Gemeinsam im Oktober auf dem Konzert.
„Aber man verabschiedet sich nicht, wenn man nicht vorhat, sich wiederzusehen.“
J. Green: Schlaft gut ihr fiesen Gedanken
Unsere Verabschiedung am Abend, war wohl eine der letzten privaten und echten Verabschiedungen. Nicht eine von den wenigen, die wir uns im Vorbeigehen in der Arbeit zugeworfen haben, weil wir sonst als unhöflich gelten würden. Aber selbst die gibt es nicht mehr, denn für mich ist es am einfachsten, dich nicht mehr zu sehen. Weder auf Bildern, noch im echten Leben. Wenn ich ganz fest daran glaube, gab es uns nie.
Ich schiebe das Bild zwischen die anderen. Hole tief Luft. Die Liebe ist wie Schneefall. Sie tobt in einem und eigentlich müsste alles bunt und laut sein. Und sowieso alles ganz wunderbar. Stattdessen ist da nur ein akustisches Vakuum, während die Zeit eine Sekunde zu lange stehen bleibt und man verzweifelt versucht das Herz zu beruhigen.
Da ist einfach nur Stille. Nicht mehr.