Yosemite NP [Kalifornien]

Es war kalt. Bitter kalt. Eisig kalt. Die ganze Nacht über hatte ich geschlafen wie ein Stein. Nur die Kälte machte mir zu schaffen. Bei -4 Grad kein Wunder. Keinen einzigen Bären oder Menschen hatte ich gehört. In Schlafsäcken fühle ich mich einfach immer gut aufgehoben, wie eine Raupe im Kokon. Nun aber erwachte das Camp zum Leben. Die Menschen öffneten ihre bärenfesten Boxen und die Vögel zwitscherten so laut, wie ich es seit langem nicht gehört hatte.

Tunnel View & Glacier Point

Über dem Tal ging die Sonne auf und tauchte den nebelverhangenen Wald in ein wunderschön märchenhaftes Licht. Die Strecke Richtung Glacier Point ist eine lange, lange, träge Strecke. Nachdem man den Tunnel View passiert hat- ein atemberaubender Blick ins Tal, auf unzählige Bäume und ins weite Land hinein- kommt nur noch Wald.

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Ganz große Kunst.

Rechts Bäume, links Bäume, mal eine Lichtung und viele, zahlreiche Wanderparkplätze. Eigentlich ganz nett, denn Wald ist ja das, was ich hier gesucht habe. Aber dennoch ist die ¾ Stunde nicht mal eben so schnell rum. Wenn man es dann aber schon fast bis zum Point geschafft hat, kamen wir vorher noch an einem der Aussichtspunkte vorbei. Als wir hier hielten, verschlug es mir die Sprache. Egal ob Deutsch oder Englisch, ich konnte nichts mehr sagen. Alles sah wie gemalt aus. So winzig klein und so wunderschön. Unbeschreiblich schön. Die Weite des Parks, die vielen Wasserfälle, die sich überall zwischen den Bergen versteckten, der Half Dome… Bitte, bitte, lasst mich einfach hier stehen.

Als wir dann beim Glacier Point auf dem Parkplatz ankamen, hatte ich mit nicht wirklich etwas besseren gerechnet, als der Ausblick eben. Dennoch hatte mich ja sowieso keiner nach meiner Meinung gefragt. So stand ich also da, oben an der Spitze, fertig mit den Nerven, weil ich nicht wahrhaben konnte, was für schöne Flecken Erde diese Welt hat. Wie froh ich war, dass wir diesen Trip hierhergemacht hatten. Wie froh und glücklich ich war, hier stehen zu dürfen. Vor mir erstreckte sich eine Landschaft voller Schönheit. Tausende Bäumchen ragten zwischen den riesigen, imposanten Bergen hervor. Winzig klein, als wären sie so groß wie ein Streichholz. Mein Blick wurde immer wieder vom Half Dome angezogen, ich konnte nicht wegschauen. Dieser Berg, der aussah wie von Menschenhand gefeilt. Lehnte man sich weit über das Geländer nach vorne, dann konnte man das Curry Village sehen. Unten tief im Tal verteilten sich die kleinen Zelte. Der dicke Fluss schlängelte sich elegant durch die Berge hindurch. Manche der Wasserfälle erblickte man sofort, andere sah man erst nach dem vierten oder fünften Blick. Ein Gemälde eines der größten Künstler.

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Mein Herz beraubt vom Ausblick.

Mariposa Grove & Grizzly Giant

Ich blickte immer wieder zurück, als wir zum Auto stiefelten. Immer und immer wieder. Wie festgesogen. Wie verliebt. Aus vollstem Herzen. Die nächste ¾ Stunde verbrachten wir ebenfalls im Auto, auf einer kurvigen Straße. Dann endlich, nachdem wir schon die Hoffnung aufgegeben hatten, tauchte das Schild vor uns auf: Entering Mariposa Grove of giant sequoias. Hier wollten wir hin! Hinter dem Schild thronte der Erste. Eigentlich kaum zu übersehen, denn der dicke Mammutbaum stand sicher schon einige hundert Jahre dort. Dementsprechend dick war er auch und riesig! Nach einer langen Parkplatzsuche, schlenderten wir hin, umarmten ihn und tätschelten die weiche Rinde. Wie konnten Bäume nur so unfassbar riesig sein? Und wieso waren Bäume so unfassbar cool?

Bei Mariposa Grove konnten wir uns dann auch noch ein bisschen die Beine vertreten. Wir liefen also mit dem Touristenstrom durch den Wald. Vorbei an riesigen Mammuts, mit ihrem weichem Fell. Einer größer als der andere. Besonders eindrücklich wurde das Ganze erst, als wir den gefallenen Baum passierten. Er lag da, mit seiner mächtigen Wurzel, mindestens so groß wie ein LKW. Und wie wunderschön er trotz allem noch war. Auch den Grizzly Giant bestaunten wir. Der größte und dickste Mammutbaum weit und breit. Man musste ein Panoramafoto machen, um ihn überhaupt auf’s Bild zu bekommen. Dies war der Wendepunkt unserer Wanderung. Deep in the forest.

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Gefallener König.

Curry Village

Wir hatten den Regen gut abgepasst. Im Camp zurück nieselte es und es wurde ungemütlich nasskalt. Für uns perfekt, um uns hier mal ein bisschen umzuschauen: So stöberten wir durch die Zeltreihen und in den Bergshops. Ich hätte dort alles kaufen können. Von neuen Kletterschuhen, über Seilen, zu Pullis. Der Zoll hätte das bestimmt super gefunden.

Mich hatte hier ja sowieso die Wanderlust gepackt. Wir spazierten also raus aus dem Curry Village und einfach drauf los. Irgendwo am breiten Fluss entlang, bis ins nächste Camp. Wir lungerten auf einer Insel herum, balancierten über umgefallene Bäume und hüpften über Steine hinweg. Ich checkte ein paar Boulderfelsen aus und freute mich über die ganzen Kletterer und Menschen mit Matten auf den Rücken. Zum Glück hatte ich keine Kletterschuhe dabei, ich wäre ihnen einfach gefolgt. Überall lag uns diese unglaubliche Ruhe in den Ohren und diese unfassbar frische, kalte Luft in der Lunge. Mein Herz verkrampfte sich schmerzhaft, als mir bewusst wurde, dass wir morgen wieder fahren mussten.

6 replies to “Yosemite NP [Kalifornien]

  1. Das hast Du so eindrucksvoll beschrieben, wie Du es empfunden haben musst. Schmerzhaft schön!

    Doch nein, Deine Empfindung ist anders, ist unbeschreiblich gewesen!

    Wie schön, dass Du das erleben konntest, erleben durftest!

    Viele, viele liebe Grüße!

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  2. Da wart ihr ja echt „tief im Wald“ 😉
    So eine Natur muss einen wirklich beeindrucken, und könnte sogar MICH in die USA locken 😉
    Das Schlafsackgefühl kenne ich auch 😀

    :wave: Bärlinerin

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