Gute Tage

Liege nachts noch immer stundenlang wach. Stolpre noch immer durch den Alltag. Erwachsensein ist anstrengend. Bin beim Laufen, beim Hinfallen, beim Wiederaufstehen so erschöpft. Sehe und höre täglich Menschen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis (in der Arbeit sowieso) und damit auch ihren ganzen Schmerz. Ihr ganzes Leid. Ich trage es mit, weil ich eben so bin. Höre zu, versuche zu helfen. Aber vielleicht wird es gerade zu viel. Vielleicht muss ich mich mit mir und meinen Dingen beschäftigen, bevor ich mich wieder auf andere konzentrieren kann.

Heute war ich in der Boulderhalle. Habe mich erfolgreich die ganze Woche davor gedrückt, dabei hatte ich so sehr das Verlangen die Bewegungen zu spüren. Keiner war mit mir da. Keiner, meiner bekannten Gesichter. Nur ich und etliche mir fremde Menschen. Ich war so angestrengt, weil ich M³ an jeder Ecke gesehen habe. Die Halle ist zu emotional behaftet. Habe 6 Monate zurückgedacht, an den Tag, wo ich ihn angesprochen habe. Habe es geschafft, in der Halle nicht zu weinen anzufangen. Und jetzt weine ich doch wieder.

Die Tränen werden auch gleich beim Tatort laufen. Sie laufen heute schon zum wiederholten Male. Ob ich Podcast höre oder mir ein T-Shirt anziehe, an dem aus unerfindlichen Gründen noch Katzenhaare kleben wie eine falsche Erinnerung. Auch nach drei Wochen ertappe ich mich dabei, wie ich ihm gerne etwas mitteilen würde. Zum Beispiel, dass ich kein Mensch für einen Kontaktabbruch bin. Und das ich gerne wissen würde, was ich ihm angetan habe.

Meine Freund*innen fragen mich, wie es mir nach den drei Wochen geht. „Gut“, sage ich. Weil ich es dann vielleicht selber glaube. Ich sehe, wie erleichtert sie sind. Wie sie aufatmen. Da ist keine Skepsis in ihrem Blick. Ich bin schon immer gut mit Dingen alleine zurecht gekommen. Darin bin ich geübt. Gute Tage kommen, gute Tage gehen.