Der Fuchs bellt. Ich liege eh schon wach in meinem Schlafsack und kann nicht aufstehen. Warte bis die Dämmerung vorüber ist und der Tag anbricht. Höre wie die Singdrossel beginnt, nachdem der Fuchs verstummt ist. Und nach und nach erwacht der Wald. In diesem Moment bin ich froh hier zu sein. Krabble aus dem Auto, atme die frische Morgenluft. Ein Mann fährt auf den Parkplatz, kommt zu mir herüber, fragt, ob ich das Auto selbst ausgebaut habe. Ich frühstücke, packe meine Sachen und fahre zum Felsenmeer. Ein Ort abgehakt, der so viele Erinnerungen birgt.


Schleppe nacheinander die zwei Crash Pads den Berg hinauf. Schaue absichtlich nicht auf den mir bekannten Fels, weil ich dich dann dort sehe. Stehe auf dem Weg, bin verloren. Suche mir Boulder, die ich noch nicht kenne. Ich mache das, was immer alle machen: Davonlaufen. Sich in Sport flüchten.
Und doch hilft es nicht. Ich merke schnell, dass mein Kopf mit so vielen Problemen gefüllt ist, dass ich es nicht schaffe eine einfachen Boulder hochzukommen. Die Boulderprobleme dringen nicht durch den Sumpf in meinem Kopf. Mein Körper ist müde, schwach. Ich mach es zu meinem Problem: Wieder nichts geschafft, obwohl ich das vor vier Wochen locker gebouldert bin. Aber dann schimpfe ich mit mir: Ich bin alleine hier, ich habe keinen Support, keinen Spotter. Es ist gut vorsichtig zu sein und nicht auf Teufel komm‘ raus in die Boulder reinzugehen. Denn das ist, was mir alle gesagt haben: Pass auf dich auf. Verletzt dich nicht.
Und dann gehe ich an die Felsen, an denen wir gemeinsam waren. Höre dein Lachen in meinen Erinnerungen. Es ist schwerer dir jetzt nicht zu schreiben, als jede 6c am Fels, die ich heute angefasst habe. Ich merke du fehlst. Manchmal will ich mich umdrehen und dich nach einem Betatipp fragen. Und manchmal bräuchte ich einfach nur das „ich bin da“, wenn du hinter mir stehst und mich spottest. Gespottet hast. Und zwischendrin laufen die Tränen.


Ich habe mich lange gefragt, ob und wozu es gut war hierher zu kommen. Das durch zu machen. So viel Konfrontation auf einmal. So viele Tränen. So viel Schmerz, Vermissen und Verletzt-Sein. Aber ich wollt mich dir noch einmal nahe fühlen. Du bist jetzt sieben Wochen unterwegs. Danach wird alles anders sein. Wir werden uns vergessen haben. Ich werde dich überrascht anschauen, wenn ich dir in der Halle über den Weg laufe. Werde wieder ganz sein, so wie du es jetzt schon bist, weil du dich früh genug gerettet hast.
Ich frage mich nicht mehr, ob es gut war hierher zu kommen. Es war gut. Ich weiß jetzt, dass ich jederzeit alleine rausgehen kann und würde. Alleine an den Fels, alleine Probleme lösen. Mich alleine an den Fels flüchten. Bis die Finger mehr wehtun als das Herz.

Manche Menschen brauchen die Konfrontation mit bestimmten (vergangenen) Szenarien, um abschließen und heilen zu können. Ich wünsche dir, dass es bei dir so ist.
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Ich glaube, es hat mir sehr gut getan.
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Hast Du ’ne Gopro oder Strimkamera oder machst Du diese Fotos etwa einhändig?
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Entweder mit Selbstauslöser oder einhändig 🙂
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