Glück

Das Glück pulsiert in der Brust. Eigentlich pulsiert es seit Oktober dort. Nur ganz wenige Momente lassen mich stolpern. Lassen das Glück einen Augenblick schwach werden. Das passiert weiterhin sehr unerwartet und nicht vorhersehbar. Wenn es geschieht, dann zu den seltsamsten Zeitpunkten. Manchmal, wenn ich auf dem Fahrrad sitze und plötzlich Rückenwind habe. Oder den NABU Podcast höre, dort die Zwergohreule piepst und ich an die Busreise zurückdenke. Es sind keine schlechten Erinnerungen, keine Sehnsucht, die da Mitschwingt. Kein Vermissen. Es sind Erinnerungen, die ich gesammelt habe. Die zu mir gehören und bleiben.

Habe so viel alleine geschafft in den letzten sieben Monaten. Kann stolz auf mich sein. Kann auf mich vertrauen. Weiß, dass ich alleine zurecht komme. Habe mich wieder aufgerappelt, wieder aufgerichtet. Bin anders jetzt, aber heile.

Dann merke ich, ganz alleine war ich nie. Bin ich nie. Da sind so viele Menschen, die mich durch eine wilde Zeit begleitet haben. So viele neue Menschen, die ich auf dem Weg kennengelernt habe. Und alle waren sie mir eine Stütze. Haben mich beim stolpern aufgefangen, mich wieder aufgerichtet, mir auf die Schulter geklopft. Der Eine oder die Andere hat sich in die Schusslinie geworfen, mich verteidigt. War mir ein Schutzschild.

Sitze neben Y. auf dem Sofa in der Halle. Beine beim jeweils anderen drüber gelegt. Haben es uns gemütlich gemacht, ineinander gefaltet. Bin extra länger geblieben. Jetzt, wo wir reden können. Schön zu hören, wie gut es ihm geht in seiner aktuellen Situation. Bin weiterhin so froh, dass ich ihn habe und vor allem auch darüber, wie viel Verlass in der Zeit nach der Trennung auf ihn war. Habe mir nie Sorgen gemacht um ihn, hatte nie Zweifel, dass wir es nicht schaffen würden. Hatte nur etwas Sorge, dass die Halle zu sehr mit M² verknüpft sein wird. War sie gar nicht. Immer nur mit Y. Und das vielleicht auch, weil ich bevor wir damals nach Konstanz gezogen sind, schon öfter alleine dort war.

Liege auf M³s Brustkorb. Höre seinen Herzschlag. Spüre seinen Arm fest um mich geschlungen. Fühl mich sicher in dieser Umarmung. Egal, wie viel Angst ich habe, weiß ich in diesem Moment, dass ich diesen Mann nicht mehr gehen lassen kann. Keiner hat mir mehr Stabilität gegeben in den letzten Monaten. Und das, obwohl ich mit meiner Ambivalenz, meiner Bindungsphobie und meiner Verunsicherung so viel Instabilität reingebracht habe. Hat sich davon nicht beirren lassen. Nur ich habe mich selbst verwirrt.

Da pulsiert das Glück in meinem Körper. Wenn ich die Herzmenschen sehe. Wenn ich Fahrrad fahre, wenn ich draußen bin, Vögel höre, den Fels an meinen Händen spüre. Wenn ich im Schlafsack liege, wenn ich in der Sonne sitze. Wenn ich die Katzen auf meinem Schoß schnurren höre. Wenn ich nach Hause komme. Es ist da. Überall. Und ich hab’s eingefangen.

4 replies to “Glück

  1. Was wäre das Leben ohne gute, enge Freunde, auf die man sich bedingungslos verlassen kann? Ich freue mich sehr für dich und konnte das Glück, das du empfindest, beim Lesen deines Blogbeitrags zwischen deinen Zeilen spüren. Ganz wundervoll!

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