Alte Bekanntschaft

Stehe ein bisschen aufgeregt vor der Tür der Boulderhalle. Werde dich schon erkennen, denke ich. Kopf läuft auf Hochtouren. Meine Menschen sagen, ich muss es ja nicht als Date deklarieren. Aber was ist es dann, wenn sich das Treffen so sehr nach Date anfühlt? Bouldern wäre weniger Date als der Spaziergang und ein Käffchen, den wir jetzt geplant haben. Sehe dich schon von weitem, erkenne dich sofort. Weiß nicht, wann wir uns das letzte Mal gesehen haben. Mindestens sieben Jahre muss es her sein. Seit der Kindheit leben wir Parallelleben in dieser Stadt. Aufgewachsen ungefähr drei Straßen auseinander, auf der gleichen Grundschule gewesen, früher im selben Schulbus unterwegs, beide viel in der Kletterhalle, zeitweise den gleichen Freundeskreis – und trotzdem haben wir uns immer nur am Rande wahrgenommen.

Der Weg ist matschig, die Sonne hängt hinter dem Nebel, zeigt sich nur ganz versteckt und vorsichtig. Vielleicht ein bisschen so wie ich. Nehme sie als Beispiel. Zeige mich auch nur vorsichtig, erzähle von meinem Leben in den letzten sieben Jahren. Versuche versteckt zu bleiben. Erfahre viel über dich. Vor allem wieder einmal sehr viele Parallelen. Große Überschneidungen unserer Leben bisher. Gleiche Hobbys, gleicher Lifestyle, gleiche Bubble, die Liebe zum Sport und zum Draußensein.

Ich will das nicht als Date labeln. Aus vielen Gründen will ich das nicht.
Zum Beispiel weil du 600 km entfernt wohnst. Auch wenn du überlegst in den Süden zu ziehen. Bleib mal lieber hier oben, das würd’s uns beide einfacher machen. Vor allem mir.
Aber auch weil ich gerade keine Dates will. Weil es da jemanden anderen gibt, bei dem ich immer noch nicht weiß, was ich eigentlich von ihm will. Außer im Moment ein bisschen Exklusivität. Kann allerdings keine Exklusivität einfordern und mich dann selbst nicht daran halten.

27.12.24

---

Habe diesen Beitrag in den Papierkorb verschoben. Direkt am 27.12. Wollte mich nicht mit befassen, wollte nicht verwirrt werden. Noch ein kurzes hin und her Schreiben bis zum Neujahr. Die Überlegung, ob wir uns am 02.01. nochmal sehen. Bin dann aber geflüchtet und habe dich beiseite gelegt. Gestern dann eine Sprachnachricht von dir. Unerwartet und überraschend. Deine Stimme zu hören, irgendwie schön. Grüß dich aus der Ferne, still und ohne Worte. Nur mit einem kurzen Gedanken an dich. Bevor ich mit meiner Stirn die Schläfe des Mannes neben mir berühre.