Abschied

Ich schließe die Tür hinter dir und rufe meinen besten Freund an. Dieses Mal weine ich nicht. Obwohl für mich heute schon drei mal die Welt zusammengebrochen ist. Das erste Mal heute Morgen, als ich aufgewacht bin und aus dem Fenster geschaut habe. Das zweite Mal bei unserem Abschied heute Nachmittag. Zum dritten Mal, als ich, nachdem ich gerade mit T eine wage Zukunftshoffnung entwickelt hatte, er mir nun jetzt just in diesem Moment sagt, dass er nach Österreich gehen wird.

Es hat sich ein Schutzmechanismus aktiviert. Du bist jetzt weg. Das war der schlimmste Weltuntergang am heutigen Tag. Ganz und für immer. Morgen ziehe ich aus, für vier Wochen, mit einem kleinen Teil meiner Sachen. In meinen Gedanken und für mein Gefühl klingt das, als würde ich in den Urlaub fahren. Als wäre ich nur eben mal für längere Zeit weg und komme dann wieder und wir machen einfach weiter, da wo wir glücklich waren.

Deswegen staubsauge ich die Wohnung, blende aus, dass mein ganzer Kram in Umzugskartons im Schlafzimmer steht. Deswegen denke ich, dass wir noch einen Sonnenschirm für den Balkon brauchen, weil man da wirklich nicht sitzen kann, ab 16 Uhr bei der Hitze. Deswegen vermeide ich es Fotos von für mich wichtige Orten und Dingen zu machen – zum Abschied. Von dir, von meinem Zuhause und von uns.

Und gleichzeitig bahnen sich Schluchzer die Brust empor. Ignorieren. Kommen ja eh keine Tränen mehr. Gleichzeitig rieche ich, wie ein Teenager an deinem T-Shirt, was im Badezimmer zurückgeblieben ist. Wie ich, ich wurde auch zurückgelassen. Gleichzeitig denke ich jetzt schon: Das will ich dir aber gleich schreiben, bis ich merke, dass das nicht mehr geht.

Irgendwann wird der Schutzmechanismus nicht mehr funktionieren. Vielleicht morgen, wenn ich zu meiner Familie ins Auto steige. Vielleicht in einer Woche, wenn ich auf dem Hof meines besten Freundes sitze und mit dem Hund kuschle. Vielleicht in zwei Wochen, wenn ich in der Heimat mit dem Rad unterwegs bin und einen Vogel höre, dessen Ruf ich nicht erkenne. Vielleicht in drei Wochen, wenn ich eine Entscheidung getroffen haben muss, wie es für mich weitergehen soll. Vielleicht bleibt auch alles abgestumpft. Vielleicht lüge ich mir auch selber weiter und weiter etwas vor.

Ich werde die nächsten drei Wochen wahrscheinlich sehr wenig bis gar nichts auf dem Blog posten, weil ich ein bisschen Zeit zum Sortieren und Nachdenken brauche. Ich brauche Zeit, um meine Welt wieder aufzubauen. Zeit, um sie irgendwie wieder zusammenzusetzen.

6 replies to “Abschied

    1. Das hoffe ich auch. Aber mir wurde zum Glück schon sehr viel Angst genommen. Ich kann mich ja auch, selbst wenn ich mich jetzt „falsch“ entscheide, einfach wieder umentscheiden und etwas anderes machen. Dadurch, dass mir die Hauptentscheidung abgenommen wurde (die Beziehung wurde beendet von M), habe ich ja jetzt alle Freiheiten zum Austesten. Auch wenn sich das erst einmal sehr überfordernd und sehr, sehr schmerzhaft anfühlt.

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  1. Ach Ines, Ich würde Dir gern irgendwie ein bisschen Stütze sein. Aber ich bin selbst nur sehr traurig, wenn ich Deine Beiträge hier lese. Es ist so schwer so eine Situation zu meistern mit einem so vollen, so überlaufenden Herzen. Es kommt mir so unendlich klein und wenig vor, wenn ich Dir schreibe, dass Du meine allerbesten Wünsche hast, dass Dich mein Herz begleitet …

    Ich hab’s trotzdem getan, ich denke an Dich! Liebe Grüße“ ✨🍀💚

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