Sieben Tage später

Dann lag ich doch wieder in deinen Armen. Fragte mich, ob es was zu bedeuten hat, dass du gerade mich hier liegen hast, obwohl du gerade mal zwei Stunden aus dem Urlaub zurück warst. Mit dem Kopf auf deiner Brust. Da endlich hörte ich dein Herz schlagen. Wie lange schon hatte ich gehofft, das sachte Pochen zu spüren. Ich wollte es schlagen hören und wissen, ob es vielleicht auch ein bisschen für mich schlägt. Ob es schneller wird, wenn ich neben dir liege und ob es mit meinem im Einklang leise flüstert. Ich habe die Augen geschlossen, meine Finger in den Pulli, den ich so an dir liebe, gekrallt und gehofft, dass dieser Moment für immer währt. Ich habe gehofft, dass wir ewig so liegen bleiben würden, dass die Welt für mich stehen bleibt-ob du willst oder nicht.

Dann lag ich doch wieder neben dir, konnte wie immer nicht schlafen, während du schon lange in deine Traumwelten verschwunden warst. Mit weit geöffneten Augen erinnerte ich mich an Momente zurück, die wir beide geteilt haben. Vor ein paar Wochen zum Beispiel, wo du mir lateinische Namen für Körperteile erklärtest. Sagst du sie dir auf, wenn du mein Schlüsselbein küsst? Cor, das Herz. Kardiomyopathie, das Gebrochene-Herz-Syndrom. Ich konnte nie schlafen neben dir, aus Angst plötzlich alleine aufzuwachen. Jedes Mal hast du mich gefragt, ob ich gut geschlafen habe und ich habe dich angelogen, um keine Schwäche zu zeigen. Denn jedes Mal habe ich deinem Atem an meiner Schläfe zugehört, der mich auslachte und mir erzählt hat, dass ich nicht ewig neben dir liegen kann-ob ich will oder nicht.

Dann schrieb ich dir doch wieder in der Hoffnung, dass du fragst, ob ich vorbeikommen will. Mit jeder abgeschickten Nachricht verfluchte ich dich. Erneut redete ich mir ein, dass ich absagen würde, wenn du fragen würdest. Ich wusste jedes Mal, dass es eine Lüge war. Wie stark eine Sucht nach einem Menschen wirklich sein kann, habe ich jetzt erst gelernt. Vielleicht hätte das was Großes werden können. Etwas, womit keiner von uns gerechnet hat. Ein Überraschungsauftritt zweier Feiglinge, die lieber ihre eigenen Wege gehen-ob wir wollen oder nicht.

Dann saß ich doch wieder beim Mittagessen mit dir an einem Tisch. Ein letztes Mal, bevor ich gehe. Wir werden uns sporadisch sehen. Mal hier treffen und mal da treffen. Hallo sagen und fragen, wie es denn so geht. Ich werde deinen Herzschlag nicht mehr spüren, dafür aber davon träumen und morgens dann alleine aufwachen. Jemand anders wird mir Kardiomyopathie diagnostizieren. Wir werden uns nicht mehr sehen. Bis wir uns vielleicht sogar vergessen werden, irgendwann-ob du willst, ob ich will, ob wir wollen oder nicht.

2 replies to “Sieben Tage später

  1. Ein „Gefällt mir“ mag ich nicht unter Deinen Eintrag klicken, obwohl Du wieder einmal so schön geschrieben hast. Aber wie sollte mir, dass was und wie Du gerade empfindest, „gefallen“ können?

    Mir will nicht ganz in den Kopf, weshalb das nun mutmaßlich ein Abschied wahrscheinlich für immer sein soll. Aber ich kenne die „Geschichte“ ja auch nicht wirklich. Und mit Fragen quälen mag ich Dich nicht und ich will es auch nicht, es wäre geradezu anmaßend. Es ist doch so persönlich … – Und „helfen“ könnte ich Dir damit ja wohl auch nicht, obwohl ich’s über alle Maßen gern würde.

    So spüre ich nur dieses Leiden, diese Schwere und Sehnsucht in Dir und das tut mir halt auch ein bissel weh – ich begleite Dich ja doch schon eine Weile, und Du mich, und da ist es mir halt nicht einfach so egal …

    Ich drück Dich mal, liebe Ines, und halte Dich dabei ein bisserl länger fest …

    Liebste Grüße von mir!

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    1. Ja, das ist wohl wahr. Solche Texte sind eben traurigschön.
      Du darfst natürlich sehr gerne fragen. Dir würd ich es berichten, denn ich weiß ja, dass du immer ein offenes Ohr hast und mit rat und Tat zur Seite stehst. (:
      Danke für deine lieben Worte. Weh tun wollte ich damit ganz gewiss nicht. Ich drücke dich zurück, liebste Grüße!

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