Lass dich mal anschauen, mein Jung

Am letzten Freitag war ich wieder einmal – nach langer Zeit – auf einer Studentenparty. Nachdem ich also 3 Monate meines Lebens in einem Fuchsbau verbracht habe, damit ich endlich einmal meine Büroklammersammlung neu sortieren konnte, habe ich mich aufgepeppt und bin in den Abend gestartet. Mit meiner treusten Seele. (Apropos: Wenn ich das so sage, muss ich an meine Kamera denken und mir fällt auf, dass ich schon lange kein Date mehr mit ihr hatte. Da besteht wohl Nachholbedarf.)

Ich muss sagen, es war voll. Viel zu voll. Damit meine ich sowohl die Location (ist das ein Hippster Wort?) als auch die Menschen. Wieder einmal fragte mich jemand, welche Vermutung ich äußern würde, wenn er mich fragt, was er wohl studiere. Und da haben wir es: Den bunten Klischeesalat, den jeder so gerne isst. Während ich so in seine braunen Augen schaute und mir im Kopf sagte: Niemals Jura, niemals Jura! Da sprach er froh und munter: Jura! Und ich zweifelte an meinen Klischeevorstellungen und hoffte, dass ich nichts dergleichen laut ausgesprochen hatte.
Ist es nicht so, das jeder Studiengang irgendwelche Klischees bedient? Und man es den meisten Menschen ansieht, was sie studieren? Und wenn man ihnen das ansehen kann, dass sie dann schon fast gewonnen haben, weil sie zu ihrem Studium passen, wie die Faust aufs Auge?

Ein paar Vorurteile, oder auch Erkennungszeichen (ist ja eh dasselbe) werde ich nun mal bedienen.

Mediziner
Hallo, hier bin ich, wo kann ich die Welt retten? Diese Spezies der Studierenden ist leicht überheblich und teilweise enorm eingebildet. Auf eine charmante Art. Sie hatten ja auch einen weiten Weg zum Studium. Nach 10 Wartesemestern und 1,0er Abi, dürfen sie das ja auch. Immerhin wissen die genau, in welcher Folge Scrubs, welche Krankheiten auftreten.
Optische Merkmale: Während des Studiums kaum zu sehen, da entweder am Lernen, oder Praxisstunden absolvieren. Sollte sich doch mal einer außerhalb des Krankenhauses aufhalten, erkennt man die höchstens am guten Aussehen. Zur Not am Kittel.

Sozialarbeiter

Können von allem ein bisschen, aber nichts richtig. Sind absolute Selbstdarsteller und hören ungern anderen zu. Warum sie was soziales studieren bleibt fraglich, weil die meisten nichtmal in einem Team zusammenarbeiten können, sondern lieber für sich selbst arbeiten. Sozial sind die eh nicht.
Optische Merkmale: Unscheinbar. Unauffällig. Alternativ. Hippie.

Juristen
Stets im Namen der Gerechtigkeit unterwegs und in sämtlichen Disskusionsrunden am mitstreiten. Schaffen ihr Studium nie im vorgebenem Zeitrahmen. Können wie die Sozialarbeiter von allem etwas, aber nichts richtig, tun aber trotzdem so, als würden sie alles beherrschen und versuchen dann schlüssig ihre Argumente vorzutragen. Wo wir wieder beim diskutieren sind.
Optische Merkmale: Oft in Burschenschaften vertreten, daher: Blond, riesig, mit grünen oder braunen Hosen und Anwaltsgang. Struwelhaare gibt es hier nicht.

Bwler
Siehe Juristen in Kopie. (Sorry Bwler, ich weiß ihr könnt die Juristen nicht leiden. Aber es ist doch irgendwie eine Hassliebe, oder? Wenn ihr euch schon gleich kleidet und ohne einander eigentlich nicht auskommt?) Ich spende euch Trost indem ich sage:

Vwler
Siehe Bwler in Kopie. Kein Sorry an dieser Stelle, da mir dazu einfach nichts einfällt.

Kunstwissenschaftler
Dieses Gemälde zeichnet sich aus durch prägnante Formen und einem melodischen Farbspiel, bei dem die Farbübergänge dramatisch gestaltet wurden. Oder so ähnlich. Diese Kunstwissenschaftler betrachten und beobachten sehr gerne. Auch sich selbst.
Optische Merkmale: Umso abgefahrener, dest besser. Gleichheit gibt es nicht. Da stricken sie sich auch gerne mal selbst die Taschen an die Jacke.

Informatiker
Beschreibung kann ich hier eigentlich gar nicht anführen, weil ich ihre Sprache nicht spreche.
Optische Merkmale: Die kriegt man doch nie zu Gesicht! Sitzen doch immer am Computer und so… Ganz dürr, mit blasser Haut und Nerd-Brille.

Sportwissenschaftler
Keine Zeit heute, ich geh joggen und danach noch zum schwimmen und dann ernähre ich mich gesund! Ja, die Sportler sind – ebenso wie die Ärzte – etwas selbstsicher in ihrem Auftreten und zweifeln kaum an sich selbst.
Optische Merkmale: Ihr Körper.

Oecotrophologen (Ernährungswissenschaftler)
Können nur etepetete (?) essen und bereiten sich alles streng kontrolliert selbst zu. Oder haben es eh schon aufgegeben und stopfen sich nur noch Fast Food rein.
Optische Merkmale: Magersucht, oder Fettleibigkeit

Psychologen
Therapieren sich und ihr Umfeld. Sobald du dich einmal komisch bewegst, hast du gleich eine Zwangsstörung. Vielleicht sind die ja auch ein bisschen paranoid.
Optische Merkmale: Starrer Blickkontakt, der durch Mark und Bein geht.

Ich könnte noch ewig so weitermachen. Es gibt ja noch gefühlte 999.999 andere Studiengänge, aber ich glaube ihr habt das Prinzip mittlerweile verstanden. Außerdem möchte ich nicht den ganzen Missmut meiner Kommilitonen auf mich ziehen. Mache mich ja eh schon oft genug unbeliebt, dabei wollte ich mit diesem Post ganz zu anfang eigentlich nur meine Liebe zu den Studenten kundtun. Scheinbar bin ich etwas am Ziel vorbeigeschossen. Man gut, dass das keine Hausarbeit ist.

15 replies to “Lass dich mal anschauen, mein Jung

  1. Ich sehe: Vorurteile gegenüber bestimmten Studienfächern und deren Studenten sind überall die gleichen. Zumindest habe ich hier eigentlich alles wiedererkannt 😀 Mein Studiengang ist allerdings nicht vertreten (leider oder zum Glück?! ;))

    „Und man es den meisten Menschen ansieht, was sie studieren? Und wenn man ihnen das ansehen kann, dass sie dann schon fast gewonnen haben, weil sie zu ihrem Studium passen, wie die Faust aufs Auge?“
    Was ich mich frage, ist: waren sie vorher schon so und passen deswegen so gut zu ihrem Studium? Oder hat ihr Studium zu dem werden lassen?

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    1. Oh ja, die Voruteile sind schon weit verbreitet. 😀
      Ob es Glück ist, oder eher das Leider, kann man wohl erst sagen, wenn man wüsste was du studierst. Wie siehst du denn deinen eigenen Studiengang? 🙂

      Das ist eine wirklich gute Frage! So habe ich das noch gar nicht betrachtet. Wahrscheinlich ist das unterschiedlich. Manche passen wohl schon vorher sehr gut darein, andere fühlen sich da so wohl, dass sie sich mit Körper und Seele anpassen?

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      1. Ich studiere Sprachen, Englisch und Spanisch. Ich weiß nicht, ob ich so gut über meinen eigenen Studiengang urteilen kann, wenn man selbst drin steckt, ist das ja immer nochmal was anderes 😀
        Gerade bei Englisch, was mein Hauptfach ist, finde ich schwierig, da so eine allgemeine Beschreibung zu geben. Klar, Ausnahmen gibt es auch bei den oben genannten. Aber zwischen Englisch und Spanisch gibt es zum Beispiel schon Unterschiede.

        Wahrscheinlich stimmt wirklich beides 😉

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      2. Oh, da fällt mir auch wirklich kein Vorurteil zu ein – zumindest nicht so spontan. 😀
        Aber das kann ich mir gut vorstellen, sich selbst zu beurteilen, oder gar für solch eine Gruppe dann Vorurteile zu finden, ist nicht so einfach!

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  2. Allerliebst – ich musste manches mal schmunzeln …

    Eine meiner beiden Studienrichtungenn hast Du hier ja beschrieben – gabnz „passt“ es für mich nicht, aber teilweise auch wieder ganz erschreckend!!!

    Du „passt“ aber, glaube ich, auch nicht. Und ich ahne, dass mir genau das an Dir gefällt! 😉

    Liebe Grüße, Ines!

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    1. Ich glaube, dass du dich da teilweise nicht ganz so passend gesehen hast. Aber irgendwie ist etwas wahres dran, auch wenn es nur im Studium so läuft. Vielleicht verändert man sich in der Arbeitswelt dann so oder so noch einmal. 🙂

      Haargenau passe ich da auch nicht rein, aber teilweise kommt das schon ganz gut hin.

      Viele Grüße

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  3. Diese Klischees ziehen sich ja nicht nur durch`s Studium, sondern durch das ganze Leben. Einen Sozialarbeiter wirst Du also IMMER erkennen :-)))))))
    Auch im Berufsleben scheint es also eine Art „Uniformzwang“ zu geben, damit man „seinesgleichen“ erkennt.
    Ich finde auch die Frage interessant, ob man sich dem Studium anpaßt, oder man schon vorher so aussah 😉

    LG
    aus Berlin

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    1. Das ist wahr, die dauern das ganze Leben an! 🙂
      Die Frage ist auf jeden Fall spannend. Als ich sie gelesen hatte, musste ich die ganze Zeit drüber nachdenken. Aber eine Lösung zu finden, ist gar nicht so leicht.

      LG nach Berlin 😉

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