Abgehakt

Aussortieren hat für mich immer wieder eine gewisse Beruhigung. Es entspannt mich Dinge loszuwerden, die ich nicht mehr brauche. Zeitweise gibt es nur sehr wenig was ich weggeben kann. Diese Phasen machen mich unruhig. Heute habe ich mich nach ein paar Monaten mal wieder ans Ausmisten gemacht. In der Abstellkammer fliegt so viel Kram rum, den ich regelmäßig oder unregelmäßig brauche. Zwei Kisten jedoch habe ich mir am Wochenende vorgenommen. Radikal.

Seit vielen Jahren hebe ich Briefe, Postkarten oder andere Erinnerungen in diesen beiden Boxen auf. Jetzt ging es ihnen an den Kragen. Schön wie viel Post ich im Laufe der Jahre bekommen habe. Viele nette Worte und sogar den ein oder anderen „versteckten“ Liebesbrief. Ich habe direkt wieder Lust bekommen einen Brief zu schreiben. Alles in allem fing das Aussortieren gut an. Bis ich auf eine Geburtstagskarte von M² stieß. Von letztem Jahr, als wir auf Reisen waren. Und da kam die Traurigkeit doch wieder. Seit vier Wochen zum ersten Mal. Einfach zurück war sie. Weil sie eh schon da war, habe ich mir die anderen Briefe auch gleich vorgenommen und ganz nach unten in die Box zurückgesteckt.

Und dann hatte ich M³ im Kopf. Vielleicht solltest du erst einmal eine Sache abschließen. Ich bin wütend geworden, als er das gesagt hat. Eine unverschämte Unterstellung. Ich bin fein mit der Situation. Mich stört es nicht einmal, wenn ich M² beim Bouldern mit seiner neuen Freundin treffe. Ich denke nicht mehr darüber nach. Ich vermisse nicht mehr. Einen kleinen Stich gibt es, wenn die Erinnerungen aus dem Nichts kommen. Aber ich finde, das ist legitim. Das darf so sein und hat nichts damit zu tun, ob diese Sache für mich offen oder abgeschlossen ist.

In den letzten Wochen hatte ich das Gefühl, ich lebe ein Klischee. Ein sehr abgedroschenes. Ich bin zeitweise sehr glücklich mit der Trennung. Sie hat mich mich selbst wiederfinden lassen. Ich habe in den letzten Monaten so viele neue Leute kennengelernt, die ich sonst nicht kennengelernt hätte. Ich habe so viele neue Dinge gemacht, die ich sonst niemals gemacht hätte. Habe Erfahrungen gesammelt, die mich in positiver Weise formen.

Die Traurigkeit währte also nur so lange, bis ich den Deckel der Erinnerungsbox wieder geschlossen hatte. Meine Gedanken und Gefühle sind nicht mehr bei ihm. Sie sind bei dem Mann, mit dem ich gerade die Zeit genieße. Den ich nicht ad acta legen konnte, weil es zu gut mit ihm ist. Es sich zu richtig anfühlt in seiner Nähe. Leicht, einfach, locker. Und trotz Angst vor der emotionalen Nähe und der damit potenziell einhergehenden Verletzungen lebe ich ja nur einmal. Also Yolo.

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