Hallo

Die Umfrage im Freundeskreis hat ergeben: Nur wenige meiner Freund*innen würden auf jemanden zugehen und ihm/ihr ihre/seine Nummer geben. Aus Angst vor Ablehnung. Angst vom anderen Zurückgewiesen zu werden. Dabei ist das ja eigentlich etwas sehr positives, ein schönes Kompliment, mit dem man jemand anderem sagen kann „hey, ich find dich vielleicht ganz cool“. Ich habe den feigen Weg gewählt und meine Nummer über einen gemeinsamen Bekannten weitergeben lassen. Am Ende kommt ja vielleicht das Gleiche bei raus.

Drei Tage später beobachte ich zunächst aus der Ferne. Klar im Vorteil, wenn man anonym unterwegs ist. Lass es auf mich wirken, bis ich den Schritt mache und hallo sage. Mit leicht geröteten Wangen und einem verlegenen Lächeln. Mich einfach daneben setze und warte. Es dann nicht mehr aushalte und selber bouldern gehe. Und dann werde ich beobachtet. Ein gegenseitiges Abchecken. Kreise enger ziehen.
Drei Stunden später sitze ich skeptisch und distanziert nippend an meinem Bier auf diesem oldschool Sofa. In der Halle ballert noch immer der Bass. Mir ist vom Alkohol ganz warm. Oder wegen der Person neben mir. Oder wegen der Mischung aus beidem. Ich muss aufpassen auf mich, kurz mal das Schutzschild fester zurren. Bin verwirrt darüber, dass da jemand kommt, der mich kurz innehalten lässt. Ich lasse sogar das Steuer meines Schiffes los vor Schreck. Ganz kurz natürlich nur. Lass mich fallen für diesen einen Abend. Versinke in braunen Augen. Schaue lieber schräg darüber in die dunklen Haare, damit mich der Strudel nicht einsaugt. Denn dann wäre ich verloren. Dann wäre ich mal wieder eine Verliererin. Nicht jetzt. Dafür habe ich keine Zeit.

Ich stehe in den Brennnesseln auf einem dunklen Parkplatz. So fangen True Crime Geschichten an. Oder Geschichten für einen guten Abend. Keine Geschichten für immer. Ich hab mich wieder beisammen. Spätestens am nächsten Morgen. Da sage ich mein Date für heute ab, da müssen ja nicht noch mehr Leute mitmischen. Hab mich eigentlich gefreut auf diesen fremden Menschen.
Bis wann nochmal genau hab ich’s also beisammen. Bis ich wieder in den Brennnesseln stehe oder auf dem Crash Pad liege? Bis ich den Namen auf meinem Handydisplay sehe? Ich nehme Abstand. Schaffe Distanz bevor es zu nah wird. Lieber frühzeitig weglaufen und fliehen, als sich zu verzetteln. Immer die Sicherheit wählen. Emotional bin ich nicht verfügbar, sorry. Nach Hallo kommt Tschau.

18.10.2024

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