Ich habe lange überlegt, ob ich mitfahre in diesen Urlaub. Und mich dann doch entschieden, dass ich mir das nicht nehmen lassen möchte. Spontanes Umplanen war noch nie meine Stärke. Konfrontation kann zwar schrecklich sein, aber wenn genug Ablenkung da ist, vielleicht auch aushaltbar und heilsam. Außerdem haben sich (zumindest einige Leute) gefreut, dass ich mitgekommen bin.
Die ersten Tage waren schwierig. Da musste ich mir ständig Auszeiten nehmen, an den Strand gehen, um die Verzweiflung nochmal rauszufiltern, irgendwohin abzuleiten. Ich konnte mich nicht konzentrieren auf die Spiele, war dauerhaft müde und dann kam irgendwann die Wut. Mit der Wut war alles so viel besser. Aber auch die Wut musste irgendwo hin. Ich glaube es hat ziemlich gut getan hier so viele Leute um mich herum zu haben. Eigentlich bin ich ja eher jemand, dem soziale Kontakte schnell zu viel werden. Aber weil das Bedürfnis zu reden so groß war, war das in dieser Hinsicht sehr hilfreich. Und dann viele verschiedene Perspektiven zu hören, die dann doch im Endeffekt alle das Gleiche sagen: Das hat nichts mit mir zu tun. Ich bin raus. Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Im Gegenteil. Ich muss keine Rücksicht nehmen. Meine einzige Aufgabe ist, zu schauen wie es mir wieder gut geht.
Demnach sah mein Dänemarkurlaub in diesem Jahr ganz anders aus. Ich habe mir vor allem Wutstrategien bei den Leuten abgeholt und dabei quasi eine Studie gemacht. So ganz los lässt mich der Job wohl auch in dieser Situation nicht. Was tut man also, wenn es einem nicht gut geht? Wenn die Gefühle so stark sind, dass sie einen manchmal aus der Brust zu springen drohen? Die meist genannte Idee war wohl Sport, und diesen exzessiv zu betreiben. Oder Sex. Oder jemanden verprügeln. Dinge aufschreiben. Irgendetwas kaputt machen. Nur sich selbst dabei bitte nicht. Eigentlich fast alles habe ich dann versucht. Die Wut ist weg, aber die Enttäuschung und Trauer sind wieder da.
Ich habe mit Leuten geweint, die sich genau in dieser Situation befunden haben. Ich habe Umarmungen und Bestätigungen gesammelt. Ich habe gehört, wie Veränderungen in Menschen passieren. Wie man manchmal einfach in einen Strudel gesogen wird von Emotionen, aus denen man alleine nicht heraus kommt. Bei denen Gegenargumente und Ratschläge nur auf Reaktanz treffen. In denen die Hormone so kicken, dass kein rationaler Gedanke mehr da ist. In denen eine Person nicht mehr sie selbst ist. (Das würde ich für mich selbst allerdings auch gerade sagen. Die „Rolle“, die ich hier gerade eingenommen habe, ist nicht die Ines, die ich sonst bin. Vor allem nicht die, die ich sein will.)
Ja, ich sehe das. Ja, ich bin wütend deswegen. Ich bin auch weiterhin enttäuscht. Aber all das hat nichts mit mir zu tun. Meine Aufgabe ist es nicht mehr, sich Sorgen zu machen. Höchstens um mich, aber um mich mache ich mir nur aktuell und nicht langfristig Sorgen. Ich weiß, dass ich irgendwann auch wieder alleine zurecht kommen kann. Ich bin raus.
21.08.2024