Altes Ding

Ich liebe alte Dinge. Wenn ich könnte und dürfte, würde ich meine Wohnung nur mit alten Dingen vollstellen: Wählscheibentelefon, Mid-Century Kommode, Küchenhexe und Cocktailsessel. Alter Pulli von Oma an. Kalenderbuch statt Handy-App aufgeschlagen. Her mit den echten Büchern und Zeitungen. Für mich ist auch klar, eine Postkarte oder ein Brief hat viel mehr Wert als eine Handynachricht oder ein Anruf (außer mit dem Wählscheibentelefon vielleicht).

Alte Handwerke, alte Dinge scheinen auszusterben. Eine große Traurigkeit legt sich da über mich. Tätigkeiten auf die alte Art zu machen, sind meist viel bewusster, viel sorgfältiger, eine echte Kunst und dazu meist noch naturschonender. Schon vor einiger Zeit habe ich gesagt: Wenn ich mal Schafe haben sollte, möchte ich Spinnen am Spinnrad lernen. Eigentlich möchte ich auch gerne Käse herstellen können, die Wiese sensen, Marmelade und Gemüse einkochen, Brot backen. Wann ich später die ganze Zeit dafür haben soll, ist das größte Problem.

Der Mensch entwickelt sich immer weiter. Erfindet, bringt neue Techniken heraus. Ein Telefon, mit dem du alles machen kannst, eine Wasserflasche die dich ans Trinken erinnert, einen Schlafsack mit Beinen und ja, auch sowas wie das Internet. Das Internet ist Fluch und Segen zugleich. Es ist total sinnvoll, Dinge schnell recherchieren zu können. Nicht jeden Tag in die Bibliothek zu müssen und stundenlang Bücher zu wälzen. Es hilft dabei Sachen zu lernen. Will ich wissen, wie ich Tomaten anpflanze oder mir einen Pulli stricke, gibt es dafür ein Tutorial. Wir brauchen kein Navi mehr, denn alle Wege finden sich auf dem Handy. Suche ich einen Stellplatz für die Nacht, schau ich ins Internet. Will ich wissen, wie der Strand morgen aussieht, gucke ich mir den schon mal schnell im weiten Web an. Für alles gibts sowieso eine App.

Aber das Internet ist nicht nur hilfreich. Mich nervt diese ganze Reizüberflutung. Jede/r Dulli stellt Bilder ins Internet. Wenn ich mir den Strand anschauen will, muss ich mir erstmal von HansPeter77 den Drohnenflug angucken. Dabei finde ich Drohnen in echt ziemlich kacke und die Videos super langweilig. Jeden Tag posten Millionen Menschen mehrere Millionen Quatschfotos und jede/r gibt seinen Senf zu allem dazu. Unter jedem wissenschaftlichen Beitrag in den sozialen Netzwerken gibt es Hasskommentare. Es wird gehetzt und verhöhnt. Sind ja alle anonym, kann ja jeder machen was er möchte. Ja stimmt, ich könnte auch einfach nicht hinschauen. Alles ausblenden, was mich nicht interessiert und mich nichts angeht. Aber ist das wirklich so leicht? Da ist also viel Ambivalenz was das Internet angeht, was Technik manchmal sogar im Allgemeinen angeht. Einen richtigen Umgang damit, habe ich für mich noch nicht gefunden. So wie es scheint, haben aber die meisten Menschen noch keinen angemessenen Umgang mit diesem Internet gelernt.

3 replies to “Altes Ding

  1. Vieles davon kann man ja selbst beeinflussen. Viele tun es nicht oder wollen es nicht. Ich habe zum Beispiel kein Smartphone, habe auch das Handy nicht immer bei mir. Kaufe Zeitungen und sogar Bücher – auch, weil ich den Äuglein mal ein wenig Bildschirm- Abstinenz gönnen möchte.
    Damit bin ich nicht mehr in der Mehrheit und werde hier und da – etwa bei mobilen Eintrittskarten – ausgegrenzt. Ziehe für mich aber die Konsequenz zu sagen „Dann halt nicht“.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

close-alt close collapse comment ellipsis expand gallery heart lock menu next pinned previous reply search share star