Palma [Mallorca]

Die Bustransfere vom Flughafen in die Innenstadt hatten Plastiksitze. Ich war froh, dass es keine 30 Grad waren und ich mit nackten Beinen und Armen daran festklebte. Zum Glück dauert die Busfahrt nicht lange. Genüsslich schlürfte ich meinen Kakao mit dem Strohhalm. Beim Ausstiegen bemerkte ich das „Essen-und-Trinken-Verboten-Schild“. Scheinheilig versteckte ich den kleinen Karton hinter meinem Rücken, so als hätte das nicht sowieso schon jeder mitbekommen.

Die Straßen von Palma waren gerammelt voll. Ich bekam so gleich Angst um meine Kamera, die außerhalb meines Blickfeldes im Rucksack ruhte. Nachdem ich meinen Bruder beauftragt hatte, immer hinter mir zulaufen, fühlte ich mich besser. Endlich konnte ich mich umsehen. Es war wunderbar. Es war als würde mein Herz aufblühen und als würden die Leute bunte Farben durch die Straßen ziehen. So bunt und laut. Es ist wahr, was gesagt wird: Das diese Stadt gar nicht so ein Großstadtflair hat. Ich schätze das kommt von den engen Gassen und den bunten Häusern. Es gibt Geschäfte in denen man alles kaufen kann, was das Herz begehrt. Kleine, enge Geschäfte, passend zu den Straßen, in denen die Wurst von der Decke baumelt und die Marmeladenglasregale dicht an dicht stehen. Und dann gibt es solche, in denen man sich verlaufen kann.

Als wir so durch die Straßen ziehen, kommen wir an einem kleinen Platz vorbei. Hier spielen die Straßenmusiker. Und ich starre den Mann mit dem Kontrabass an, während er mich anstarrt – lächelnd weiterspielend. Ich wollte stehen bleiben. Ich wollte dem Gesang lauschen und das tiefe Dröhnen des Basses hören. Ich wollte die Finger des Gitarristen beobachten, wie sie sachte über die Seiten zupften. Aber ich wurde mit dem Strom gerissen. Ein paar Meter weiter, abseits, lauschten wir dann doch noch ein paar Minuten.

Ich war schon fast traurig, als es weiter ging. Aber die nächsten Musiker ließen nicht lange auf sich warten. Auf dem großen Marktplatz standen sie. Und ich hatte den ganzen Tag den Ohrwurm eines mir völlig unbekannten Liedes im Ohr. Ich glaub es war der Ohrwurm des Glücks.

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Während wir so ziellos umherirrten, schlugen wir dann doch den Weg zur Kathedrale ein. Die wollte ich natürlich sehen. Mit allem Prunk und aller Schönheit. Leider muss ich sagen, dass ich etwas enttäuscht war. Ja, wirklich. Es ist zwar ein schöner Klotz, der da steht, aber wirklich schön ist sie nur von weitem. Dann, wenn man sie in aller Pracht bewundern kann. Davor muss man den Kopf in den Nacken legen und die Augen zusammenkneifen und trotzdem sieht man nicht viel. Allerdings ist der Ausblick von der Kathedrale auf den Hafen wirklich atemberaubend. Wenn zuerst der Brunnen unter dir glitzert und dahinter direkt das Meer. Dazwischen nur Palmen. Und eine Straße.

Wir liefen weiter und machten eine kleine Rast im Café. Jetzt, am letzten Tag, bewiesen mir die Spanier, dass sie doch guten Kaffee, bzw. Latte Macchiatto machen konnten, der NICHT zu stark war. So schaute ich von meinem Stühlchen direkt an der Mauer, die Leute an, die vorbeizogen. Ich hielt das Gesicht in die Sonne. Die letzten Tage waren so aufregend. Es gab so viel neues zu entdecken. So viel Natur und Schönheit. Aber in diesem Moment konnte ich mir nichts schöneres vorstellen, als genau an diesem Ort zu sitzen und einen Kaffee zu trinken.

Nachdem wir also satt und zufrieden waren, mussten wir weiter. Mittlerweile schlugen sich die neuen Gäste auch schon um die Sitzplätze. An dem großen Klotz wieder vorbei, ging es wieder in die turbulente Stadt hinein. Es wurde voller und voller. Wir bogen mal hier ab und mal da ab und landeten letztendlich auf dem Weihnachtsmark. Spektukalär war dieser nicht – kann er ja bei so warmen Wetter auch gar nicht sein. Die Stände wechselten zwischen Blumenständen, Handwerkständen und Blumenständen ab. Die Gestecke sind bunt und viel zu grell. Die Essensbuden haben geschlossen. Das Einzige, was wirklich zu begutachten war, waren die Alpakawollgegenstände. Aber dann war auch mal wieder gut mit Winter und Weihnacht. Schnell wieder zurück ins eigentliche Geschehen. Entlang der Straßen und vorbei an Cafés.

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Man hört ja viel über diese Stadt. Eine Großstadt mit angeblich wundervollen Straßen und im Gegensatz dazu die Armutsviertel. Aber Tourist wird man sich dahin ja wohl nicht verlaufen. Dachten wir uns. Und plötzlich waren wir mittendrin. Zwischen Schlägerei und Bettler. Das Gefühl des Verlorenseins, das Unbehagen wurde immer größer. Dieser Zwischenfall veranlasste uns dann doch wieder in einen Bus zu steigen und nach Platja de Palma zurück zu fahren. Das Koffer packen stand ja schließlich auch noch an.

8 replies to “Palma [Mallorca]

  1. Ich habe Dich noch nie leibhaftig gesehen und doch SEHE ich Dich, wenn Du bschreibst, wie Du auf Wanderschaft, auf Pilgerpfaden oder in den Straßen und Gassen der von Dir besuchten Orte unterwegs bist.

    Ich kann mir vorstellen, dass Euch der Schrecken in die Glieder gefahren ist, anlässlich jener Begebenheit in dem ärmeren Stadtviertel.

    Aber so ist es ja nahezu überall, und in den weniger wohlhabenden Ländern noch mehr, dass es eben sehr starke soziale Unterschiede und Gegensätze gibt.

    Wenn ich irgendwo außerhalb unterwegs bin, dann suche ich zwar nicht grundsätzlich bewusst soziale Brennpunkte auf, aber etwas abseits von den üblichen Touristenpfaden bewege ich mich dennoch gern. Es hilft mir, den jeweiligen Ort, das jeweilige Land unmittelbar ein wenig mehr so zu erleben, wie es TATSÄCHLICH ist. – Mitunter macht man dabei auch sehr schöne, unerwartete, interessante Entdeckungen, hat auch berührende Begegnungen …

    „Bassgefühl im Herzen“, „Zitronenliebe“ – Du bist eine „Schöne-Worte-Bastlerin“! Lese ich sehr gern …

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    1. Das ist ein sehr, sehr liebes Kompliment, danke sehr! (:

      In Palma ist die soziale Ungleichheit wohl noch extremer als in anderen Städten. Wir waren wohl auch nur so überrascht, weil wir damit nicht gerechnet hatten, weil die Leute quasi schon die Finger nach uns ausgestreckt hatten. Sonst wäre uns das wohl selbst nicht so unheimlich vorgekommen.

      Das ist ein mutiger, aber auch sehr lobenswerter Schritt von dir, in anderen Städten, an fremden Orten sich einmal richtig umzuschauen. So dass man alles sehen kann, und nicht nur das „Schöne, das Touristische“. So lernt man das Leben derer Menschen dort, viel besser kennen. Und ich muss sagen, da kann es zu wirklich schönen Entdeckungen kommen.

      Danke! Und viele Grüße an dich.

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  2. Du bist eine Poetin, denn Du erschaffst wundervolle Wort-Kreationen !
    Außerdem beschreibst Du Deine Eindrücke und Gefühle so gut, dass man sie nachempfinden kann.
    Das ist eine schöne Gabe, und ich hoffe, dass Du sie (beruflich) nutzen kannst.

    Liebe Grüße
    Bärlinerin

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    1. Vielen, lieben Dank. Ich werde ganz rot. (:
      Mit geschriebenen Worten bin ich um einiges besser, als mit gesprochenen, daher wird mir das -vorerst- im beruflichen nicht weiterhelfen.
      Aber ich versuche es trotzdem so gut wie möglich zu nutzen!

      Danke und liebste Grüße
      Ines

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